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Logistik und Logistifizierung afrikanischer Ökonomien

Team: Julian Stenmanns, Stefan Ouma

Laufzeit/Förderung: laufend

Welche Rolle spielen Logistik und Transportinfrastrukturen für die gegenwärtige politische Ökonomie Afrikas und welche politischen Schalthebel setzen sie gegenwärtig auf dem Kontinent in Bewegung?

Der afrikanische Kontinent galt lange Jahre als Sorgenkind der Logistikbranche. Flächenmäßig zu groß und zu fragmentiert, mit undurchlässigen Binnengrenzen und gezeichnet von sozialen und politischen Krisen war Afrika ein Nischenmarkt für die Branche. Mittlerweile gibt es einen regelrechten Hype um Logistikprojekte auf dem Kontinent. »Afrikanische Logistik«, so verkünden es die Beratungshäuser der Branche, stehe für die Chance, die Märkte von morgen zu entwickeln. Denn die Einbindung afrikanischer Ökonomien in globale Warenketten benötigt allen voran eine Logistifizierung, d.h. eine infrastrukturelle, kalkulatorische und organisatorische Umstrukturierung derselben.

Ausgehend von ethnographischen Fallstudien in ausgewählten Seehäfen und angeschlossenen Transportinfrastrukturen untersuchen wir Logistik nicht nur als technologischen »Fix«, sondern auch als genuin geostrategisches Projekt. Im Mittelpunkt dieses Projekts stehen Infrastrukturen wie Transportkorridore und Häfen, welche Industrieparks, Minen und landwirtschaftliche Betriebe mit Hilfe von Managementtechniken aus dem Fundus des betriebswirtschaftlichen Supply Chain Management und dem Katalog neuer digitaler Geoinformationssystemen verbinden. So entstehen zusammenhängende Räumen jenseits klassischer Nationalstaatlichkeit.

Im Rahmen dieser Logistifizierung afrikanischer Ökonomien investieren Unternehmen einerseits große Summen in die zu erwartenden Netzwerkeffekte monopolistischer Transportinfrastrukturen sowie deren Steuerung und Überwachung. Sie zielen damit auf eine größtmögliche Kontrolle über global verzweigte Lieferketten und die damit verbundene räumlich ungleiche Wertaneignung. Anderseits setzen sie strategisch auf die globale Vielfalt – ein Euphemismus der in diesem Bereich vor allem die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, global unterschiedlich regulierte Steuersysteme, Umweltstandards, die Verrechtlichung von Arbeit und die Organisierung von abhängig Beschäftigten, aber auch Geschlechter- und Klassenverhältnissen sowie Rassismus beinhaltet.

Dieses logistische Moment afrikanischer Ökonomien drückt sich geographisch vor allem in hochgesicherten räumlichen Enklaven und Korridoren aus, die meist extraktiv funktionieren. Logistik meint in diesem Kontext sodann weit mehr als nur die effiziente Steuerung und Planung von Waren- und Informationsströmen. Unser Ansatz diskutiert Logistik und ihre Lieferketten als politische Technologien der Vernetzung ungleicher Geographien. Sie verbinden und synchronisieren eine heterogene, fragmentierte Welt entlang und innerhalb des ungleichen Terrains des Kapitalismus.

Ausgewählte Publikationen:


Verantwortlich für die Redaktion: Sebastian De La Serna

UBT-A